Landkreistagspräsident Walter: „Es ist derzeit besonders wichtig, daran zu erinnern, dass die Kommunen das Fundament unseres Staates und die Keimzelle der Demokratie sind.“
Vor achtzig Jahren, am 20. Juni 1945, kamen – wenige Wochen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs – in Murrhardt fünfzehn Landräte aus Nordwürttemberg zu einer Landrätekonferenz zusammen. Als „erstes Sprießen der Demokratie“ nach der bedingungslosen Kapitulation hat der damalige Chef des amerikanischen Militärverwaltung, Oberst Dawson, diese Zusammenkunft rückblickend beschrieben. Die Murrhardter Tagung bildete den Auftakt zu weiteren Landräteversammlungen, die dann in die Vorläufige Volksvertretung für Württemberg-Baden einmündeten. Die Murrhardter Landrätekonferenz wird daher allgemein als Wiederbeginn des demokratischen und parlamentarischen Lebens im deutschen Südwesten gewürdigt.
„Die Erinnerung an die Murrhardter Landrätekonferenz wach zu halten, ist mir wichtig“, betonte der Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg, der Tübinger Landrat Joachim Walter, anlässlich des 80-jährigen Jubiläums der Murrhardter Landrätekonferenz. „Denn uns sollte bewusst bleiben, wie die Bundesrepublik Deutschland entstanden und aufgebaut ist – nämlich von unten nach oben. Es waren die Landkreise, Städte und Gemeinden, die in der unmittelbaren Nachkriegszeit unter widrigsten Bedingungen dafür gesorgt haben, dass die Bevölkerung etwas zu essen bekam und Ausgebombte sowie Heimatvertriebene ein Dach über dem Kopf erhielten. Gerade auch aus dieser Erfahrung heraus haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes die kommunale Selbstverwaltung zu einer tragenden Säule unseres demokratischen Staatswesens gemacht. An dies zu erinnern, erscheint aktuell in besonderem Maße geboten, denn die Kommunen befinden sich in der schwersten Finanzkrise seit Jahrzehnten. Hier braucht es dringend Unterstützung, wenn die Kommunen als Fundament des Staates und Keimzelle der Demokratie nicht auf eine abschüssige Bahn geraten sollen.“
Für den Rems-Murr-Kreis, zu dem die Stadt Murrhardt heute gehört, unterstrich dessen Landrat Dr. Richard Sigel, der zugleich Vizepräsident des Landkreistags Baden-Württemberg ist: „Mein Wunsch wäre, dass der Geist von Murrhardt, der nach den Schrecknissen des Zweiten Weltkriegs den Neuanfang hat gelingen lassen, heute dazu motiviert, die Ärmel hochzukrempeln und anzupacken. Denn wir stehen in herausfordernden Zeiten. Diese engagiert und mit Tatkraft zu gestalten, muss mehr denn je unser aller Ziel sein. Die Murrhardter Landrätekonferenz kann dabei als Vorbild dienen.“
Ergänzende Informationen:
Der Landkreistag Baden-Württemberg würdigt den demokratischen Meilenstein, den die Murrhardter Tagung markiert, mit einem Kurzfilm, der bei einer Feierstunde der Stadt Murrhardt, des Rems-Murr-Kreises und des Landkreistags Baden-Württemberg am Mittwoch, den 25. Juni 2025, um 18.00 h, in der Stadtbücherei der Stadt Murrhardt erstmals öffentlich aufgeführt wird und ab sofort auf dem YouTube-Kanal des Landkreistags abrufbar ist (youtube.com/@lktbw). Neben dem Landkreistag Baden-Württemberg, dem Rems-Murr-Kreis und der Stadt Murrhardt war an der Entstehung des Films auch das Carl-Schweizer-Museum in Murrhardt beteiligt. Christian Schweizer, Leiter des privat geführten Carl-Schweizer-Museums in Murrhardt, gilt vor Ort als Kenner der Regionalgeschichte und hat sich vor allem auf die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts in und um Murrhardt spezialisiert.
Ferner finden sich auf unserer Informationsplattform landkreisnachrichten.de in der Rubrik „Kreisgeschichte(n)“ auch zwei aktuelle Beiträge zur Murrhardter Tagung (Landkreisnachrichten Baden-Württemberg: Kreisgeschichte(n)): Unter dem Titel „Aufbruch in die Demokratie – 80 Jahre Murrhardter Landrätekonferenz“ gibt die Kreisarchivarin des Rems-Murr-Kreises, Valeska Martin, einen Überblick über die damaligen Geschehnisse und schlägt die Brücke in die Gegenwart. Ferner findet sich ein Interview mit Christian Schweizer, dem Leiter des Carl-Schweizer-Museums in Murrhardt.
