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Medieninformation vom

Bürgerschaftliches Engagement und Quartiersentwicklung im digitalen Wandel

Landkreistag rückt bei den 19. Reichenauer Tagen zur Bürgergesellschaft die Digitalisierung in den Mittelpunkt

Wie verändert die fortschreitende Digitalisierung das Bürgerschaftliche Engagement und die Quartiersentwicklung? Wie gelingt es, die Chancen der Digitalisierung für alle Generationen zu nutzen? Wie können Ausgrenzung vermieden und digitale Teilhabe für alle ermöglicht werden? Diese und weitere Fragen diskutierten kommunale Führungs- und Fachkräfte, Verbände und zivilgesellschaftliche Akteure bei den 19. Reichenauer Tagen zur Bürgergesellschaft. Nachdem die renommierte Fachtagung im vergangenen Jahr in digitaler Form stattfinden musste, war es dem Landkreistag als Veranstalter eine große Freude, die rund 70 Gäste in diesem Jahr wieder persönlich am altbewährten Tagungsort in Allensbach-Hegne am Bodensee begrüßen zu dürfen.

Gleich zu Beginn betonte Sozialminister Manne Lucha, dessen Ministerium die Reichenauer Tage seit Jahren fördert: „Ich freue mich nun, hier die Gelegenheit zu haben, nach drei ereignisreichen Jahren wieder vor Ihnen stehen zu können und die heutigen Reichenauer Tage eröffnen zu können. Die Corona-Pandemie hat uns einerseits deutlich gezeigt, wie verletzlich unsere Gesellschaft ist und wie sehr unser soziales Miteinander von Begegnung und Austausch lebt. Andererseits aber auch, wie sehr gerade das Engagement der vielen Ehrenamtlichen in Baden-Württemberg auch in schwierigen Zeiten dazu beiträgt, eine Gesellschaft zusammenzuhalten. Und diesen Zusammenhalt müssen wir weiter fördern und stärken. Die direkten Auswirkungen der Pandemie auf unser soziales Miteinander sind an keinem anderen Ort als dem Quartier – also der unmittelbaren Nachbarschaft, dem Stadtteil oder der Gemeinde – für die Menschen vor Ort deutlicher sichtbar geworden und genau deswegen zeigt sich auch hier, wie es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt steht.“

Katarina Peranić, Vorständin der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, legte im Rahmen ihres Impulsvortrags dar, wie Digitalisierung ein zeitlich flexibles und ortsungebundenes bürgerschaftliches Engagement ermöglicht. Inwieweit allerdings diese neuen digitalen Formate traditionelle Formen des Ehrenamtes ablösen werden, sei im Moment noch offen.

Aktuelle Forschungsergebnisse über die Bedeutung der Digitalisierung für das Engagement von Jugendlichen präsentierte Dr. Stephanie Saleth, Leiterin der FamilienForschung Baden-Württemberg im Statistischen Landesamt. Hierbei unterstrich sie, dass digitale Medien eine immer wichtigere Rolle im bürgerschaftlichen Engagement von Jugendlichen spielen. Jugendliche schätzen vor allem die thematischen und räumlichen Freiheiten, wohingegen traditionelle Vereinsstrukturen, weniger moderne Kommunikationswege und überalterte Vorstandsgremien ihre Beteiligung tendenziell hemmen.

Barbara Bosch, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, stellte fest: „Während der Corona-Krise haben wir verstärkt mit digitalen Formen der Bürgerbeteiligung Erfahrungen gesammelt und gesehen, dass diese den Vorteil bieten, neue Zielgruppen zu erreichen. Ich bin mir sicher, dass wir in Zukunft sowohl analoge als auch digitale Formate nutzen werden. Damit senken wir für viele Menschen die Hürden, sich zu beteiligen."

Anknüpfend daran diskutierten Katarina Peranić, Dr. Stephanie Saleth, Simone Fischer und Stefan Basel, Dezernent für Soziales und Gesundheit im Landratsamt Konstanz, gemeinsam mit Moderator Dr. Thomas Pfohl über die Potenziale einer aktiven Bürgergesellschaft auf kommunaler Ebene und machten den Teilnehmenden Mut, hierfür konsequent auch digitale Möglichkeiten zu nutzen.

Dass die Landkreise den digitalen Wandel proaktiv und mit viel Kreativität gestalten, zeigten unter anderem Good-Practice-Beispiele aus den Landkreisen Böblingen, Reutlingen, Tübingen und dem Bodenseekreis. So sind im Landkreis Böblingen PC- und Internet Teams unterwegs, um ältere Menschen bei der Nutzung von Internet, Tablet und Smartphone zu unterstützen. Im Landkreis Reutlingen entsteht mit dem „Familiencampus Hülben“ ein Ort der Gemeinschaft und Daseinsvorsorge. Im Landkreis Tübingen veröffentlicht „tünews INTERNATIONAL“ aktuelle Neuigkeiten in mehreren Sprachen, um namentlich auch Menschen aus arabisch-, englisch- und persisch-sprachigen Ländern mit Informationen zu versorgen. Im Bodenseekreis wird das ehrenamtliche Engagement junger Menschen durch Fortbildungsangebote, Beratungen und finanzielle Mittel gefördert.

Simone Fischer, Beauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg für die Belange von Menschen mit Behinderungen, ging in ihrem Impuls insbesondere auf die Bedeutung digitaler Möglichkeiten für Menschen mit Behinderungen ein. Sie unterstrich die Bedeutung barrierefreier digitaler Angebote für die gesellschaftliche Teilhabe aller.

Zusammenfassend betonte Prof. Dr. Alexis v. Komorowski, Hauptgeschäftsführer des Landkreistags Baden-Württembergs: „Es zeigt sich, dass der Einsatz digitaler Angebote im bürgerschaftlichen Engagement und der Quartiersentwicklung kein Selbstzweck ist. Digitale Instrumente können gezielt genutzt werden, um sozialplanerische Ziele zu erreichen. So kann ihr Einsatz im Quartier bürgerschaftliches Engagement aktivieren, die Teilhabe von Bewohnerinnen und Bewohnern fördern und die Verbundenheit mit der Nachbarschaft stärken. Dies gilt ungeachtet dessen, dass digitale Technologien den persönlichen Kontakt und die unmittelbare zwischenmenschliche Begegnung niemals werden ersetzen können.“

Um die Themen zu vertiefen, laden die Fachberatungen Bürgerschaftliches Engagement, Quartiersentwicklung und Europäischer Sozialfonds des baden-württembergischen Landkreistags morgen zu verschiedenen Workshops ein. Barbara Weber-Fiori, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bayerischen Forschungszentrum Pflege Digital, wird aufzeigen, welche digitalen Instrumente sich für die Quartiersentwicklung eignen und wie diese am besten eingesetzt werden können. Weiter wird anhand von Praxisbeispielen die Frage diskutiert, wie der digitale Wandel im bürgerschaftlichen Engagement aktiv gestaltet werden kann, und gezeigt, wie mithilfe des Europäischen Sozialfonds Menschen am Rande der Gesellschaft begleitet, unterstützt und gefördert werden können.

 

Pressefotos:

Foto 1: Sozialminister Manne Lucha, Dr. Stephanie Saleth, Katarina Peranic, Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Alexis von Komorowski
Foto 2: Katarina Peranic und Landesbehindertenbeauftragte Simone Fischer
Foto 3: Talkrunde - Katarina Peranic, Dr. Stephanie Saleth, Sozialdezernent Stefan Basel (LRA Konstanz) und Simone Fischer
Foto 4: Marktplatz der Möglichkeiten - Projekt "jung und engagiert" vom Bodenseekreis

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