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Medieninformation vom

43. Landkreisversammlung des Landkreistags Baden-Württemberg in Balingen (Zollernalbkreis) – LAND UND LANDKREISE – FÜR EINE GUTE ZUKUNFT VOR ORT

Landkreistagspräsident Brötel: „Wir brauchen endlich einen finanziellen Befreiungsschlag!“

„Die Kommunen stecken auch in Baden-Württemberg momentan in der größten Finanzkrise, die dieses Land jemals erlebt hat. Was wir deshalb jetzt dringend brauchen, ist endlich ein finanzieller Befreiungsschlag für die kommunale Ebene. Über allem muss dabei die Devise stehen: Nicht kleckern, sondern klotzen. Jeder, der auch nur einen Funken Verständnis für unser von unten nach oben aufgebautes Gemeinwesen hat, muss wissen, welche Konsequenzen es nach sich zieht, wenn das untere Stockwerk unseres Staatsgebäudes wegen statischer Fehler in sich zusammenbrechen würde.“ Mit diesem dringenden Appell wandte sich der Präsident des Deutschen Landkreistags und neu gewählte Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg, Landrat Dr. Achim Brötel (Neckar-Odenwald-Kreis), heute in Anwesenheit von Ministerpräsident Winfried Kretschmann an die 250 Persönlichkeiten aus Politik, Verbänden, Wirtschaft und Verwaltung, die zur diesjährigen Landkreisversammlung nach Balingen gekommen waren.

In seiner Grundsatzrede unterstrich Landkreistagspräsident Brötel zunächst die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung für die bisherige Erfolgsgeschichte Baden-Württembergs. Mit Blick gerade auch auf die Krisen der letzten Jahre betonte Brötel: „Wenn irgendetwas wirklich immer funktioniert hat, dann ist es zweifelsohne die kommunale Bank gewesen. Wir stehen deshalb wie keine zweite staatliche Ebene für lösungsorientiertes, zupackendes Handeln und damit auch für Verlässlichkeit vor Ort“.

Entsprechend scharf kritisierte er, dass sowohl der Bund als auch das Land den Kommunen, die in ihrer größten Finanzkrise seit der unmittelbaren Nachkriegszeit steckten, derzeit die dringend benötigte finanzielle Unterstützung vorenthalten würden. Man könne sich des Eindrucks nicht erwehren, so Brötel, dass Bund und Land permanent Kosten, die sie eigentlich selbst tragen müssten, einfach auf die Kommunen verschieben, um den eigenen Haushalt zu schönen. Bezogen auf die Situation speziell der Landkreise hob Landkreistagspräsident Brötel hervor: "Bei den Landkreisen sind es insbesondere die dynamisch aufwachsenden Ausgaben für die Eingliederungshilfe und die Jugendhilfe sowie die absurd hohen Defizitausgleiche im Klinikbereich, wo wir im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger als Ausfallbürge einer Politik einspringen müssen, die ihre Hausaufgaben nicht mehr geregelt kriegt, sondern sich in Abgrenzung, Konfrontation und endlosen Diskussionen gefällt, anstatt die Dinge endlich einmal konsequent und lösungsorientiert anzugehen.“ Erforderlich sei, so Brötel, ein finanzieller Befreiungsschlag: „Seitens des Bundes heißt das eine Verdreifachung des kommunalen Anteils an der Umsatzsteuer auf künftig sechs Prozent. Vom Land erwarten wir kurzfristig einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag zur strukturellen Stabilisierung der Kommunalfinanzen.“

Im Weiteren ging Landkreistagspräsident Brötel auf zentrale Erwartungen der Landkreise an die Landespolitik ein. Dabei ging es um die Neuausrichtung des Sozialstaats, die finanzielle Entlastung der Kommunen bei der Eingliederungs- und Jugendhilfe, die Sonderlasten der Kommunen im Bereich der schulischen Inklusion, eine auskömmliche Krankenhausfinanzierung, die aufgabenangemessene Finanzausstattung der Landkreise, die Ertüchtigung des Konnexitätsprinzips in der Verfassung, die Flexibilisierung und Finanzierung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsförderung an Grundschulen, die Stärkung der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren sowie die Absicherung der Landkreise in Sachen Deutschlandticket.

Im Hinblick auf die Neuausrichtung des Sozialstaats warb Brötel für gezielte Bundesratsinitiativen des Landes: „Was spricht denn beispielsweise gegen eine schrittweise Anpassung des Renteneintrittsalters an die steigende Lebenserwartung?“ Und auch in Bezug auf die Eingliederungshilfe unterbreitete er einen konkreten Vorschlag: „Was läge näher, als dass das Land seiner verfassungsrechtlichen Pflicht zur aufgabenangemessenen Finanzausstattung der Kommunen in der Weise nachkommt, dass es sich anteilig an den Nettobelastungen der Kommunen bei der Eingliederungshilfe beteiligt?“

Zum Schluss seiner Rede bedankte sich Landkreistagspräsident Brötel bei Ministerpräsident Kretschmann, der letztmals als Regierungschef an einer Landkreisversammlung teilnahm: „Sie waren und sind uns ein Ministerpräsident mit kommunalem Herz und Verstand. Wir sagen Ihnen deshalb heute von Herzen Dank für alles, was Sie für unser Land und natürlich auch für unsere Landkreise geleistet haben.“

An seinen Vorgänger im Amt, Landrat Joachim Walter (Landkreis Tübingen), gewandt erklärte Brötel: „Die Erfolge, die wir in Deiner Amtszeit erzielt haben, das Mehr an Sichtbarkeit, das wir erlangt haben, die Augenhöhe zum Land, auf die wir stolz sind – all das ist auf das Engste mit Deinem unermüdlichen, von klaren Überzeugungen getragenen und von tiefer Fachkenntnis geprägten Engagement verbunden. Ohne Dich stünden wir heute deshalb definitiv nicht da, wo wir tatsächlich aber stehen. Dafür gilt Dir unser aller ganz herzlicher Dank.“
 

Hinweis: Die Rede von Herrn Präsident Landrat Dr. Achim Brötel kann unter landkreistag-bw.de heruntergeladen werden

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