Landkreistagspräsident Walter: „Schnelle und nachhaltige Stabilisierung der Kommunalfinanzen zwingend erforderlich“
Anlässlich der Veröffentlichung des Kreisfinanzberichts 2025, des zweiten vom Landkreistag Baden-Württemberg veröffentlichten Jahresberichts zur finanziellen Lage der Landkreise in Baden-Württemberg, erklärt Landkreistagspräsident Joachim Walter:
„Die Landkreise befinden sich finanziell an einem Kipppunkt. Entweder sorgen Land und Bund nun schnell und nachhaltig dafür, dass Landkreise, Städte und Gemeinden für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben wieder ausreichend Finanzmittel erhalten. Oder die kommunale Selbstverwaltung, wie sie Deutschland über Jahrzehnte hinweg erfolgreich geprägt hat, wird einen Niedergang ohnegleichen erleben.
Die Abwärtsspirale in den Kreishaushalten setzt sich weiter ungebremst fort. Wie es die Haushaltsplanzahlen für das Jahr 2025 schwarz auf weiß belegen, können 89 % der Landkreise ihre Aufwendungen nicht mehr aus laufenden Erträgen erwirtschaften. Sechs Landkreise müssen sogar echte Fehlbeträge ausweisen. In der Privatwirtschaft würde man davon sprechen, dass sie dauerhaft echte Verluste ausweisen müssen. Zudem wird der Schuldenstand der Landkreise im Vergleich zum Vorjahr um 25 % steigen. Für uns in Baden-Württemberg ist eine solch desaströse Finanzlage etwas noch nie Dagewesenes. Der Absturz der Kreisfinanzen hängt dabei ganz wesentlich damit zusammen, dass die Ausgaben insbesondere in der Jugend- und Eingliederungshilfe sowie im Krankenhausbereich massiv anwachsen, ohne dass dies durch entsprechende Bundes- und Landeserstattungen ausgeglichen würde.
Die inzwischen vorliegenden Finanzzwischenberichte der Landkreise lassen im Übrigen den Schluss zu, dass die Landkreise zum Ende des Jahres sogar noch schlechter abschneiden werden. Derzeit wird eine weitere Verschlechterung des ordentlichen Ergebnisses gegenüber der Planung um über 100 Millionen Euro prognostiziert. Wenn jetzt nicht schnell gehandelt wird, wird sich diese desaströse Lage in den kommenden Jahren weiter verschärfen.
Was es jetzt dringend braucht, ist eine Umverteilung von Umsatzsteuerpunkten zugunsten der Kommunen. Die Verdreifachung des kommunalen Umsatzsteueranteils ist dringend geboten. Hier ist der Bund in der Pflicht. Ganz kurzfristig bedarf es aber auch einer Stärkung der kommunalen Mittel durch das Land. Hier ist die Erhöhung der Finanzausgleichsmasse durch originäres Landesgeld das Mittel der Wahl.
Zugleich sind strukturelle Reformen unvermeidlich. Dazu gehört zum einen eine konsequente Aufgaben- und Standardkritik. Insbesondere bedarf es aus Sicht der Landkreise einer grundlegenden Neuausrichtung des Sozialstaats auf allen Ebenen. Die Systeme müssen deutlich vereinfacht und Regelungen konsequent entschlackt werden. Zur Bedarfsdeckung muss statt auf rein individuelle deutlich verstärkt auf strukturelle und sozialräumliche Lösungen gesetzt werden, etwa durch Budgets und institutionelle Förderung.
Zum anderen muss das Konnexitätsprinzip der Landesverfassung ertüchtigt werden. Dieses besagt der Idee nach, dass wenn das Land kommunale Mehraufwände auslöst, es dafür finanziell auch geradestehen muss. Aktuell enthält das Konnexitätsprinzip aber noch zu viele Schutzlücken. Hier muss ernsthaft darüber gesprochen werden, wie diese Lücken endlich geschlossen werden.“
Hinweis:
 Der Landkreistag Baden-Württemberg hat in diesem Jahr seinen zweiten Kreisfinanzbericht veröffentlicht. Er bietet im Schwerpunkt einen Überblick über die zur Beurteilung der Kreisfinanzen maßgeblichen Kennzahlen. Er liefert zudem hilfreiche Informationen zu den finanziellen Entwicklungen in zentralen Bereichen der kreiskommunalen Daseinsvorsorge wie insbesondere dem Sozial- und Krankenhauswesen sowie dem Öffentlichen Personennahverkehr




